PRESSEKONFERENZ 15. SEPTEMBER 2025

Augenblicke zum Verweilen

Die Spielzeit 2025/26 im Kleinen Theater betont die Leichtigkeit des Seins

Das Theater soll ein Ort sein, an dem man das Gefühl hat: „Augenblick, verweile, du bist so schön“. Das Goethe-Zitat ist das Credo der Spielzeit 2025/26 im Kleinen Theater. Am Montag hat das Team um Intendant Sven Grunert den neuen Spielplan vorgestellt, der das Theater zu einem Ort der Zuversicht machen will. Ganz im Geiste von Karl Valentin, der unter allen Widrigkeiten des Daseins das Heitere und Absurde zu finden wusste.

Der Geist von Karl Valentin soll auch mit einem Novum zur Eröffnung ins Theater gebracht werden: Erstmals gibt es zum Auftakt der Saison eine Filmvorführung mit dem bayerischen Science-Fiction-Film „Xaver und sein außerirdischer Freund“. Die „intergalaktische Reise für Einheimische, Außerirdische und Zuagroaste“ hat am 4. Oktober Premiere, und dazu erscheint auch Schauspieler Rupert J. Seidl zu einem Gespräch mit Sven Grunert und Sven Hussock vom Kleinen Theater. Rupert Seidl ist zudem Hauptdarsteller eines szenischen Theaterabends: „Die Zukunft war früher auch besser“ mit Seil und Adriana Kocijan will die Komik von Karl Valentin aus der nostalgischen Sentimentalität der „guten alten Zeit“ lösen und in die Gegenwart katapultieren.

Die Spielzeit setzt auf Valentin

„Karl Valentin besetzt die ganze Spielzeit“, kündigte der Intendant an. Auch im Rahmen einer Ausstellung von Herbert Becke: Dessen im Münchner Valentin-Musäum unter dem Titel „Bildersprache“ gezeigten hintersinnige Fotografien, unterlegt mit Valentin-Zitaten, sollen ab etwa November zu sehen sein.

Das bewährte, wie Grunert es nennt, „feste freie“ Ensemble des Kleinen Theaters wird je nach Verfügbarkeit eingebunden in das Programm der neuen Saison. Mit „altbekannten Größen“ inszeniert Sven Grunert beispielsweise das neueste Stück von Yasmina Reza: „James Brown trug Lockenwickler“ wird derzeit auch an größeren Häusern mit Erfolg aufgeführt. Auf humor- und liebevolle Weise geht es dabei um Identität, die nicht von gesellschaftlichen Normen abhängt.

Nur anfänglich heiter erscheint dagegen „Unser Dorf soll schöner werden“ von Klaus Chatten, ein Klassiker, der schon vor einem Jahrzehnt am Kleinen Theater aufgeführt wurde. Sven Grunert rechtfertigt die Neuinszenierung mit Stefan Lehnen in der Rolle des über sein Leben räsonierenden Ruhrpottlers Hubert Fängewisch damit, dass man das Stück heute brauche, „um uns die Gegenwart vor Augen zu führen“.

Familiärer „Kurzschluss“ und Klassiker

Nicht immer erfordern die Aufführungen die große Bühne im Kleinen Theater. Mitunter reicht das Foyer aus, in dem dann auch das Publikum eine Rolle spielt. Interaktiv einbezogen wird es bei der Tragikomödie „Kurzschluss“: Unter Regie von Sven Hussock verschmelzen rührende Szenen aus dem täglichen Wahnsinn einer Familie mit heiteren Momenten.

Ebenso bewegend wie humorvoll wird das Leben einer berühmten Modeschöpferin dargestellt. „La vie de Coco Chanel“, nach einem Text von Ernst Konarek, wird von Louisa Stroux getragen, die in der vergangenen Saison bereits in „Prima Facie“ beeindruckt hat.

Schon „lange rumort“ hat in Sven Grunert der Gedanke, das Tagebuch der Anne Frank zu inszenieren. Als dessen beste Übersetzung gilt jene von Mirjam Pressler, die in Landshut gelebt hat. Mit der Regie von Odile Simon und Schauspielerin Katharina von Harsdorf will das Kleine Theater genau diese Version des berühmten Tagebuchs realisieren, das eine zeitlose Relevanz hat. Ebenso wie Antoine de Saint–Exupérys „Kleiner Prinz“: Im Frühjahr 2026 soll der Zauber des Buches im Rottenkolberstadel auf die Bühne gebracht werden.

Nach langer corona-bedingten Pause konnten in diesem Jahr die Schultheatertage wieder stattfinden. Auch weiterhin soll das Theater Möglichkeiten für den Austausch über Themen sein, die junge Menschen beschäftigen. Deshalb können sich jugendliche Interessenten für die Schultheatertage 2026 oder den K1 Jugendspielclub unter info@kleinestheaterlandshut.de für die Schultheatertage 2026 anmelden. Der gemeinsam geschätzte Augenblick prägt auch die Wiederaufnahmen in der neuen Spielzeit des Kleinen Theaters. Dazu gehören „Das Abschiedsdinner“, bei dem bislang alle Vorstellungen restlos ausverkauft waren, ebenso wie „Lelé“, „Prima Facie“, „Norway Today“ oder „Faust01-Fragmente 23“, für das sich Sven Grunert einen noch größeren Zuspruch von Schulklassen erhofft.

Von Rita Neumaier, Landshuter Zeitung, 17. September 2025


 

Interessante Spielsaison im kleinen theater KAMMERSPIELE  Landshut

„Verweile Augenblick, du bist so schön“. Mit diesem Motto zeigt Intendant Sven Grunert Profil. In einer Zeit, in der die Welt aus den Fugen zu geraten scheint,…

bietet die Stückauswahl, die er mit seinem Team zusammengestellt hat, einen Anker in der Vielfalt möglicher Lebensperspektiven durch den Fokus auf das Wesentliche in der menschlichen Existenz. Tiefgründige Fragestellungen und spezielle Problematiken leuchten in modernen Stücken und literarischen Klassikern auf, wobei selbst in der Klage analytisches und freigeistiges Denken Hoffnung gibt. Dabei ist der thematische und stilistische Rahmen sehr weit und konträr, sodass man sich auf eine interessante Spielzeit freuen darf, die durch die Best-of-Inszenierungen des Repertoires erweitert wird.

Ungewöhnlich ist der Spielbeginn mit einem bayerischen Science-Fiction-Kultfilm als Prolog. In „Xaver und sein außerirdischer Freund“ (04.10.) versucht Rupert Seidel als Dorftrottel Xaver seinem außerirdischen Freund Alois nach einer Bruchlandung bayerische Gepflogenheiten beizubringen. Nach dem Film reflektieren Hauptdarsteller Rupert Seidel und Sven Grunert über Kunst, Kommerz und Visionen, moderiert von Sven Hussock.

Dazu passt bestens der Bühnenstart mit „Die Zukunft war früher auch besser“ (10.10.), Karl Valentins tiefgründiges Plädoyer für die Bedeutung des ge- und erlebten Augenblicks. Rupert Seidel und Adriana Kocijan lassen Karl Valentins doppelsinnigen Humor und nostalgische Sentimentalität in der Gegenwart aufleuchten. Man darf gespannt sein, nicht minder auf „James Brown trug Lockenwickler“ (24.10.), Jasmina Rezas neuestes Erfolgsstück (2023). „Wer bin ich?“ „Warum bin ich der, der ich bin?“ Witzig, surreal stellt Reza Fragen nach der persönlichen Identität, die sie nicht linear logisch, sondern als vielschichtiges Mosaik deklariert.

In Klaus Chatteners Bühnenklassiker „Unser Dorf soll schöner werden“ offenbart Stefan Lehnen in der Rolle eines angesehenen Dorfbewohners, der wegen der Nazivergangenheit seines Sohnes diskriminiert wird, wie äußere Umstände und innere Sichtweisen einen Menschen bestimmen (Januar 2026).

Dieser Gedanke wird weitergeführt in Noa Lazar-Keinans „Kurzschluss“ (März 2026). Hier bringt der Autismus des Kindes das karriereorientierte Leben der Eltern durcheinander. Was ist eigentlich „normal“?

Wie man trotz aller Widrigkeiten des Lebens berühmt werden kann, beweist „La Vie de Coco Chanel“ (Frühjahr 2026). Im Waisenhaus aufgewachsen, gelingt ihr eine Designer-Weltkarriere. Gespielt von Luisa Stroux darf man ein leidenschaftliches Frauenporträt erwarten.

William Mastrosimones Text „Tagträumer“ gibt den Sehnsüchten nach menschlicher Wärme Raum. Eine Kellnerin träumt in ihrem Alltagstrott von einem besseren Leben. Truckfahrer Cliff sucht nach Geborgenheit. Es ist ein Spiel zwischen Nähe und Distanz. Hoffnung und Skepsis, mit poetischen Momenten dazwischen.

Auch „Anne Frank“ hofft. Versteckt, um von den Nationalsozialisten nicht in ein Lager verschleppt zu werden, gibt ihr der Blick aus dem Fenster in den Himmel Kraft und Lebensmut. Regisseurin Odile Simon hat „Das Tagebuch der Anne Frank“ dramatisiert und hofft damit junge Menschen für eine vergangene Epoche zu interessieren, damit sie die Problematik des gegenwärtigen Rechtsradikalismus und Antisemitismus besser verstehen.

Antoine de Saint-Exupérys Parabel „Der kleine Prinz“ mit seinen ikonischen Sätzen bildet den poetischen Abschluss der Spielsaison 2025/26.

Michaela Schabel, schabel-kulur-blog, 18. September 2025

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