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Unser Auftaktstück zur Spielzeit 2023 / 2024
FAUST01 - FRAGMENTE23
FREI NACH JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
90 MINUTEN, KEINE PAUSE

DAS STÜCK
Gefühl ist alles... Wort ist Schall und Rauch... Wahrheit oder Irrtum?
FAUST01 – FRAGMENTE23 ist ein fragmentarisch poetischer Theaterabend. Faust in Zeiten von KI ist eine Studie über unser Menschsein. Der Homo sapiens steht auf dem Prüfstand. „Es irrt der Mensch, solange er strebt...“ Ist es der Antrieb nach Erkenntnis und Wahrheit oder die Befriedigung durch Rausch, Sinnesfreude und Liebe, die uns zu Menschen macht? An den Anfang seines „Faust I“ setzt Goethe eine Experimentanordnung: Es werden zwei Wetten geschlossen, aus denen sich eine Parabel über die Dynamik zwischen Gut und Böse entwickelt. „Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft...“ Mephisto wettet mit dem Herrn, Faust auf seine dunkle Seite zu ziehen und von seinem Streben nach Wahrheit abzubringen. Die Wette gilt.
Der Philosoph und Wissenschaftler Faust steckt in der Krise. Er zweifelt daran, dass Studium und Bildung zu tiefer Erfüllung führen und wendet sich der Magie zu. Seine magische Kunst öffnet den Weg zum Jenseitigen im Diesseits und Mephisto kann sich zeigen. Er verspricht Faust, Lebenslust in sein karges Leben zu bringen. Im Gegenzug bekommt er Fausts Seele nach dessen Tod. Die zweite Wette gilt, denn Faust will endlich den Augenblick erleben, in dem er sagen kann: „Verweile doch, du bist so schön!“ Das Drama nimmt seinen Lauf.
FAUST01 – FRAGMENTE23: unterhaltsam, spielerisch, romantisch, poetisch, sinnlich, voller Tragik und Komik. Ein Roadmovie. Unterwegs auf der Suche nach der begehrten ewigen Jugend, ein Experiment, eine radikale Sinnsuche.
Wer gewinnt? Wer verliert? Lassen Sie sich überraschen!

ES SPIELEN:
Faust: ANDREAS SIGRIST
Mephisto:
JOHANNES MEIER
Herr / Valentin:
STEFAN LEHNEN
Hexe:
KATJA AMBERGER
Gretchen:
NICOLA TRUB 
Wagner:
RUDI KNAUSS

REGIE:
SVEN GRUNERT

REGIEASSISTENZ:
LEA SPRENGER

DRAMATURGIE:
LEA SPRENGER

PHILOSOPHISCHE BERATUNG:
DR. KONSTANZE CAYSA

BÜHNE:
HELMUT STÜRMER

KOSTÜME:
IRINA KOLLEK

MASKE:
SANDRA BRUNNER

REQUISITE:
JASMIN GRAN

ILLUSTRATION:

LEXA NIUGNAG

TECHNIK / LICHT:
MICHELE LUPI

TON / KAMERA / VIDEO:
LEANDER GRIWODZ
ERIKA HÖCHT
DAVID SCHRECK

PREMIERE:
29. SEPTEMBER 2023


 

"FAUST" AUF DEN 39. BAYERISCHEN THEATERTAGEN
 

„Faust01 – Fragmente23“ nach Goethe

Die Bayrischen Theatertage wollen mit einer kuratierten Auswahl die Vielfalt der Szene im Freistaat aufzeigen. Aus ca. 80 Bewerbungen wählte die sechsköpfige Jury 27 Inszenierungen aus, die die ganze Bandbreite von Freier Szene, Privattheater, Landes-, Stadt- und Staatstheater, sowie von Bühnen für ein junges Publikum umfasst. In der ersten Woche – die Bayrischen Theatertage begannen am 29. Mai und gehen noch bis zum 16. Juni – überraschte das „kleine theater Kammerspiele Landshut“ mit „Faust01 – Fragmente23“ nach Goethe in der Regie von Sven Grunert.

Die Inszenierung beginnt mit dem „Vorspiel auf dem Theater“ im Foyer und führt dann das Publikum auf die Bühne des Stadttheaters. Der Raum von Helmut Stürmer betont das Theaterhafte, auf Schminktischen stehen Laptops, die Ecken des Raumes sind verspiegelt. Auf der großen Hinterwand können Livevideos (wie die Verführung des Gretchen durch Faust) projiziert werden. Die Geschichte wird mit sechs Darsteller*innen linear erzählt, klug gekürzt, manche berühmten Szenen wie die bei Auerbach oder der Spaziergang in Marthes Garten sind gestrichen, die Kerkerszene von Gretchen in die Walpurgisnacht hineingearbeitet.
Im Zusammen- und Gegenspiel von Liveacts und Video entsteht eine eindrückliche Inszenierung, die von Andreas Sigrist als gebrochen alternden Faust, von Johannes Meier als jungen, energetisch aufgeladenen Mephisto und von Nicola Trub als um ihre Wirkung bewusstes Gretchen getragen wird.

 Manfred Jahnke, Die Deutsche Bühne, 6. Juni 2024

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Am „kleinen theater KAMMERSPIELE Landshut hat Sven Grunert „Faust 1“ von Johann Wolfgang von Goethe mit sechs Schauspieler*innen als „Faust01“ in Szene gesetzt. Bescheiden nennt er es „Fragment23“, also als ein im Jahr 2023 entstandenes Fragment. Eine Untertreibung, da sich Grunert eng an den Ablauf der Handlung hält, diese sogar linear erzählt, mit klugen Kürzungen, die auf die Skrupel eines Mannes konzentrieren, der mit seinem aufgeklärten Wissen an eine Grenze gekommen ist. Verzweifelt wie er ist, lässt er sich auf den Pakt mit Mephisto ein, um sich auf eine schale Realität der Lust einzulassen.

Die Aufführung beginnt im Foyer, hier findet das Vorspiel auf dem Theater statt, das Ensemble ruft sich inmitten des Publikums die Sätze zu. Dem Vorspiel folgt ein weiteres Vorspiel im Himmel, in dem der Herr (Stefan Lehnen) dem Mephisto erlaubt, Faust prüfend zu verführen. Erst dann öffnet sich die Bühne von Helmut Stürmer für das Publikum, die bei der Aufführung bei den „39. Bayerischen Theatertagen am Stadttheater Ingolstadt“ im Bühnenturm sitzt. Die Szene ist nach den Seiten hin offen, Schminktische mit kleinen Laptops begrenzen den Raum. Nach hinten schließt eine Wand aus großen Quadern die Spielfläche ab, auf die Live-Videos projiziert werden können. Zudem gliedern Spiegelelemente diese Rückwand.

Stürmer hat damit einen Raum geschaffen, den Sven Grunert eindrucksvoll ausnutzt. Nicht nur treibt er sein Ensemble zu darstellerischen Höchstleistungen, sondern mehr noch beherrscht der Wechsel von Live-Spiel und Live-Video mit überraschenden Überblendungen und Spiegelungen die Szene. Dabei entwickelt sich ein schnelles Spiel- und Sprechtempo, fast atemlos geht es durch die Geschichte des Dr. Faust, so dass das Getriebene des Gelehrten auch in der äußeren Form nachvollzogen werden kann. Dabei wirkt der Faust von Andreas Sigrist zunächst wie ein einsamer Mann, der trotz Wagner (Rudi Knauss) nur noch in Selbstgesprächen sich entäußert. Erst die Begegnung mit Mephisto, von Johannes Meier energisch vorgeführt, öffnet sich ihm ein neuer Diskursraum.

Alle Dinge, die die Welt zusammenhalten, werden in der Begegnung mit dem Gretchen hinfällig. Nicola Trub spielt dieses Bürgermädchen mit leichter Koketterie, schon angezogen durch eine andere, ihr bisher verweigerte Welt. Die Verführungsszene wird im Live-Video gezeigt und da findet Gretchen durchaus Gefallen am Liebesspiel. Ein wenig schnell wird die Kerkerszene herbeigeführt, die wird in die Walpurgisnacht gesetzt, mit der Hexe von Katja Amberger im Hintergrund. Nicola Trub spielt die Selbsterkenntnis ihrer Schuld intensiv aus, indem sie diese annimmt. Am Ende dann wird nun auf der Bühne das Vorspiel auf dem Theater wiederholt. Die Sätze haben nun eine ganz andere Bedeutung bekommen, wirken gar nicht mehr komisch.
Eine starke Inszenierung.

Manfred Jahnke, Freier Theaterwissenschaftler, Dramaturg und Kritiker bei "Stuttgarter Zeitung" und "Die Deutsche Bühne" 

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„Faust“, technisch raffiniert: Kammerspiele Landshut zu Gast in Ingolstadt

Ungewöhnlich startet die Theatervorstellung am Sonntagabend im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt. Pünktlich um 19 Uhr ertönt ein Gong, nicht etwa auf der Bühne, sondern im Mittelfoyer des Stadttheaters. Es ist der Auftakt zu Goethes Klassiker: „Faust“.
Das Kleine Theater der Kammerspiele Landshut ist zu Gast bei den 39. Bayerischen Theatertagen mit der Produktion „Faust 01 – Fragmente23“. Nach dem Startgeräusch mischen sich die Schauspieler unter das Publikum. Sie animieren die Zuschauer im Foyer, sich zur Garderobe zu begeben – an den Ort, wo die erste Szene der Tragödie stattfindet. Danach geht es zum Bühnenraum.
Live-Aufnahmen im Bühnenraum
Auch hier huschen die Darsteller durch das Publikum und verkünden die nächste Szene. Von diesem Zeitpunkt an werden die Zuschauer in den Bann des Stücks gezogen. Eine Nähe zu den Figuren entsteht, die sich im weiteren Verlauf verfestigt.
Im Bühnenraum angekommen, beginnt die unterhaltsame und zugleich stimmige Inszenierung unter der Regie von Sven Grunert. Sofort fällt das originelle, vielschichtige Bühnenbild auf. Ein zentrales Element ist die Bildschirmwand. Hier werden Live-Aufnahmen aus den Kameras im Bühnenraum übertragen.
So kommt es vor, dass die Figuren auf der Bühne erscheinen, ohne tatsächlich anwesend zu sein.
Dies verleiht dem Zuschauer mehr Interpretationsraum innerhalb der Szenen. Nicht zuletzt wird dadurch eine perfekt dosierte Abwechslung geboten.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Falltür mitten auf der Bühne. Durch diese Tür tauchen Figuren wortwörtlich ab und schaffen somit einen geschmeidigen Übergang zwischen den Szenen. Letztlich sorgt das Bühnenbild samt Technik für eine kreative, moderne und technisch raffinierte Inszenierung.
Von Wissbegier zu Lustgetriebenheit
Eine Bühne erwacht erst durch ihre Darsteller zum Leben. Geweckt wurde diese durch die optimal besetzten Rollen des Abends. Nicola Trub verleiht dem Charakter des Gretchens eine erkennbare Vielseitigkeit. Sie beeindruckt insbesondere in den ergreifenden Momenten ihres Wahnsinns am Stückende. Klar und mit hoher Präzision verkörpert Andreas Sigrist den unersättlichen Gelehrten Dr. Heinrich Faust, dessen Wandel vom wissbegierigen zum lustgetriebenen Menschen zu erkennen ist.
Im Kontrast dazu steht die Figur des Mephisto. In dieser Rolle agiert Johannes Meier dynamisch, feurig und impulsiv. Durch seine hemmungslose Art schafft es Mephisto sowohl Nähe zu Faust als auch zum Publikum aufzubauen. Direkte Ansprachen ans Publikum, das Springen durch Stühle oder das Platznehmen in den Zuschauerreihen sorgen für heitere, mitreißende Atmosphäre.
Der Mut zahlt sich aus. Am Ende manifestiert sich die positive Stimmung in einem langanhaltenden Jubel, der allen Schauspielern und Verantwortlichen gilt. Insgesamt bietet die Aufführung eine vielseitige, unterhaltsame und originaltreue Darbietung von Goethes „Faust“.

Julia Sergienko, Laura Möndel und Jannika Lechner, die Festivalreporterinnen, Donaukurier, 7. Juni 2024

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PRESSESTIMMEN

Ambitioniert, aber leichthändig

Sven Grunert zeigt mit „Faust01 – Fragmente23“ im Kleinen Theater in Landshut eine eigenwillige, stimmige Inszenierung von Goethes Klassiker

Goethe und Grunert. „Faust01 – Fragmente23“. Roadmovie im Rottenkolber Stadel. Wenn im Kleinen Theater zu Landshut der Intendant höchstselbst den Klassiker aller Klassiker inszeniert, stellen sich spannende Fragen. Man ahnt als Besucher, dass die wenigsten davon einer einfachen Antwort zugänglich sind und dies ganz im Sinne des Regisseurs ist. Und des Großdichters sowieso, der vor bald zwei Jahrhunderten im Gespräch mit Eckermann gesagt haben soll: „Welche Idee ich in meinem Faust zu verkörpern gesucht? – Als ob ich das selber wüßte und aussprechen könnte. […] Je inkommensurabler und für den Verstand unfaßlicher eine poetische Produktion, desto besser.“

Es beginnt ja schon vor der Premiere. Erstaunt nimmt man zur Kenntnis, dass sich Grunert für sein die Spielzeit eröffnendes Stück „Philosophische Beratung“ ins Haus geholt hat (in Person der Leipziger Expertin Konstanze Caysa, die unter anderem Vorträge über Hegel und Nietzsche zu halten pflegt). Sven Grunert, dieser sperrige Theatermacher, ewige Lebensergründer, notorische Allesdurchdenker und -hinterfrager, engagiert externen Sachverstand? Klingt interessant – und scheint die Aussicht auf intellektuellen Overload, wie er bei „Faust“ fast unweigerlich zu befürchten ist, nicht zu schmälern.

Aber keine Sorge. Der Regisseur findet einen stringenten Weg, der unter anderem darin besteht, die Schwere und Undurchdringlichkeit des Stoffes mit einer „radikalen Strichfassung“, wie er sie selbst bezeichnet, zu brechen.
Es gibt auch Lacher. Wer sich daran erinnert, dass Peter Stein einst eine 22-stündige „Faust“-Aufführung auf die Bühne gestellt hat, weiß es zu schätzen, wie das uneingeschränkt ambitionierte und doch punktuell leichthändige Landshuter Stück etwa mit der Dauer eines Fußballspiels auskommt.

Zu erleben ist eine hochkonzentrierte Ensembleleistung – und doch: Einer überragt die anderen. Johannes Meier legt ein einigermaßen sensationelles Debüt am Kleinen Theater hin. Der 39-jährige Thüringer gibt einen verdammt, verdammt coolen Mephisto. Je länger das Stück dauert, umso mehr dominiert die Darstellkunst Meiers, der auf der Bühne sein Spiel mit Faust treibt und situativ flankierend so etwas wie Schabernack mit dem Publikum.
Am stärksten ist er in leisen, auch wortlosen Momenten; bisweilen strahlt er mit sparsamer, perfekt dosierter Mimik mehr Präsenz aus als sein angestrengt deklamierender Kollege daneben. Mit Hausroutinier Andreas Sigrist ist die Titelrolle grundsolide und überraschungsarm besetzt; ein Gewinn ist die mehrschichtige Interpretation der Greta durch Nicola Trub.

Und dann ist da die Technik. Fünf Echtzeitkameras und teils spektakuläre Projektionen kommen in der ja doch eher engen Räumlichkeit zum Einsatz. Wird hier übermotiviert mit Hokuspokus gewedelt, der dem good old Kleinen Theater womöglich seinen speziellen Charme raubt?
Auch hier: Entwarnung. Video und Co. sind im „Faust“ gerade kein Selbstzweck, vielmehr das Mittel der Wahl, um nicht nur feine Übergänge zu schaffen, sondern zudem Sequenzen von besonderer Poesie. Das Kleine Theater wird größer und bleibt sich doch selbst treu.
Grunert und Goethe, das ist ein gutes Match. Obschon der erstgenannte den zweiten „durchaus sehr kritisch“ sieht, wie der Rede des Intendanten auf der Premierenfeier zu entnehmen war. Wie der Blick wohl umgekehrt ausfiele ? Nimmt man das eingangs erwähnte Goethe-Zitat als Maßstab, mag man davon ausgehen, dass der Dichterfürst nicht ohne Wohlgefallen auf das Landshuter Stück schauen würde.
Freischwebende Spekulation, das. Ungleich konkreter dagegen die These, dass nicht viele hiesige Theaterbesucher sich jener Magie entziehen können, die Grunerts Inszenierung von den ersten Minuten an entfaltet. Diese werde noch unten im Foyer gespielt, bevor sich Schauspieler und Publikum unter Glockengeläut auf den Weg zum Bühnenraum im ersten Stock machen. Das ist: großes Theater.

Michael Stolzenberg, Landshuter Zeitung, 2. Oktober 2023

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mitreißend inszeniert ... bestens besetzt ...  packendes Kammerspiel ... schauspielerischer Mittelpunkt ist bei „Fragmente 23“ Mephisto, den Johannes Meier unter der Regie von Sven Grunert überaus effektvoll interpretiert ...  Die Inszenierung zeigt einmal das ausgesprochen hohe Potential dieses kleinen Hauses, das inzwischen digitale Technik perfekt mit dem Bühnengeschehen koordiniert, ohne es zu übertrumpfen, einmal mehr ein subtiles Gespür für eine differenzierte musikalische Untermalung beweist, mit einfachsten Mitteln ein originelles Bühnenbild und stilsichere Kostüme kreiert und die Vielfalt der Theaterstile, poetisches Spiel, abrupte Rollendistanzierungen und immersive Unterbrechungen synergetisch integriert. 

Michaela Schabel, Schabel-kultur-blog, 8. Oktober 2023

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PUBLIKUMSSTIMMEN

Mit Ihrem verantwortungsbewussten Umgang mit Goethes Text, Ihrem Mut zum Minimalismus, Ihrer intelligenten und künstlerisch durchdachten Umsetzung der Kernaussagen und Ihrem stets poetischen Zugriff ist Ihnen eine Produktion gelungen, der ich ein großes Publikum wünsche. Ebenfalls beeindruckend: Herrn Stürmers multifunktionales und ästhetisch ansprechendes Bühnenbild!

Hannelore Meier-Steuhl, Leitung Feuilleton der Landshuter Zeitung a.D., 2. Oktober 2023

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Liebe, Leidenschaft und Leinwand
Eindrucksvoll die gleichzeitigen Abläufe auf Großleinwand und eine Etage tiefer akustisch erfahrbar, die verborgene Intimität eines Liebespaares.
Gelungener, medialer Kunstgriff ohne eitlen Sebstzweck von Bild und Realität. Ergreifend und spannend.

Michael Lange, Akademischer Kunstmaler

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INTERVIEW

Christoph Leibold: Sven Grunert ist Intendant des kleinen theaters Landshut. Goethes Faust hatte er schon lange auf dem Zettel. Nun sagt er war die Zeit reif. Mit künstlicher Intelligenz stelle sich die Frage nach dem Wesen des Menschseins stärker denn je. Und ja, Gefühl mag zwar nicht alles sein, wie es bei Goethe heißt , erfährt aber in einer Welt, in der die KI dem menschlichen Verstand zunehmend überlegen ist, einen enormen Bedeutungszuwachs. Anders als sein Titelheld braucht das Stück also nicht wirklich eine Verjüngungskur, wohl aber den richtigen Zugriff.

Sven Grunert : Meine Intention als Regisseur war, eine spielerische und eine poetische Übersetzung zu finden, die uns auf die Inhalte des Textes so zurückwerfen, dass wir irgendetwas in den Figuren entdecken, was wir auch in uns selber finden.

Christoph Leibold: Dass Grunert seine Inszenierung als Fragmente bezeichnet hat nichts mit Dekonstruktion zu tun . Er zerschlägt die Handlung nicht, sondern folgt ihrer Chronologie, nimmt lediglich hier und da ein paar Abkürzungen, macht thematische Abstecher, um am Ende aber doch sehr nahe bei Goethe anzukommen. Faust, der an die Grenzen des Denkens gestoßen ist, vertraut sich der Magie, dem Irrationalen an, folgt seinem Gefühl, handelt dabei mitunter moralisch höchst fragwürdig, gerade, was sein Verlangen nach Gretchen angeht, das ohnehin mindestens soviel mit Trieben wie mit Lieben zu tun hat. …..Und jede Suche kann auch auf Irrwege führen. Es irrt der Mensch, solange er strebt. Faust erfährt das am eigenen Leben, Mephisto an seiner Seite, der ihm in der Erkenntnis voraus ist.

In Sven Grunerts Lesart des Theaterklassikers begegnet uns Faust als schillernde Figur in einer Inszenierung, die ebenfalls oszilliert zwischen Schein und Sein, kein Illusionstheater, sondern eine Aufführung, die vieles der Imagination der Zuschauer überlässt. Die Darsteller bleiben hinten den Figuren stets als Schauspieler sichtbar. Grunert legt die Mittel des Theaters offen, er zeigt sozusagen die Zutaten, ohne freilich das ganze Rezept zu verraten. So entsteht eine eigene Bühnenwirklichkeit, in der sich Spiel und Realität auf wundersame Art durchdringen. Darin liegt eine poetische Verführungskraft, die nur im realen Raum des Theaters zu haben ist, in dieser uralten Kunstform, die immer wieder neu ist und sich selbst verjüngt.

Christoph Leibold, Bayern2 Kulturleben, 5. Oktober 2023

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